Häufig gestellte Fragen

Was ist eine Therapie nach Prof. Tomatis, wer war Tomatis?

Die Therapie nach Prof. Tomatis ist ein spezielles Behandlungsverfahren, das auf den Erkenntnissen des französischen Hals-Nasen-Ohrenarztes Professor Dr. Alfred Tomatis (*1920 Nizza, +2001 Carcassonne) beruht, der es in der Mitte des 20. Jahrhunderts in langen experimentellen Untersuchungen erforscht und entwickelt hat. Dabei hat er die Wechselbeziehung zwischen Hören, Stimmbildung, Gleichgewichtssinn und die Auswirkungen auf die psychische und körperliche Verarbeitung beim Menschen erforscht. Daraus entstand ein eigenständiger Wissenschaftszweig, die Audio-Psycho-Phonologie (APP) und die auf diesen Erkenntnissen aufbauende Therapie, heute bekannt unter dem Namen Therapie nach Prof. Tomatis.

— Ich behandle die Menschen nicht, ich wecke sie auf. —
(Alfred Tomatis, Arzt, 1920–2001)

Warum ist das Ohr so bedeutsam?

Prof. Tomatis fand heraus, dass die Entwicklung des Gehör- und Gleichgewichtssinns vor allen anderen Sinnen bereits in einer sehr frühen Lebensphase, nämlich ab der Hälfte der Schwangerschaft, die gesamte Wahrnehmungsentwicklung des Menschen tiefgreifend und wegweisend prägt. Im Innenohr sind zwei Sinnesorgane unmittelbar miteinander verbunden: 1. Die Hörschnecke, deren Aufgabe es ist, Schallwellen und energetische Impulse wahrzunehmen und an das Gehirn weiterzuleiten. 2. Das Gleichgewichtsorgan, das die Lage im Raum, aber auch Bewegungen wahrnimmt und über das Gehirn (insbes. Kleinhirn) die Steuerung von Muskeln regelt.

Gehör und Gleichgewichtsorgan sind die ersten Sinnesorgane des Menschen, die schon ab der 20. Schwangerschaftswoche voll ausgebildet sind und den Embryo bzw. den Fetus schon sehr frühzeitig mit Klängen und Empfindungen (Informationen) aus seiner Umgebung versorgen und anregend reizen. Dabei übt der Klang der eigenen Mutterstimme den intensivsten Reiz auf das Baby aus und es lernt mit Wahrnehmung umzugehen und darauf zu reagieren z. B. mit Bewegung und Strampeln. Das spüren auch die werdenden Mütter schon. So wird das Baby zur ersten Kommunikation geweckt, die in ihrer Art und Weise einmalig und prägend für das ganze weitere Leben ist. Über die erste Wahrnehmungsqualität „Hören – Hinhören – Horchen“ werden in einer späteren Lebensphase auch alle weiteren Sinneswahrnehmungen wie Sehen, Fühlen, Riechen, Schmecken, Gleichgewichtssinn etc. geprägt.

Der Zeitraum Schwangerschaft, Geburt und erste Lebenswochen ist aber auch eine sehr empfindliche Phase, in der neben positiven auch nachteilige negative Prägungen stattfinden können, wie später kaum noch von solch großer Tragweite. Gesundheitliche Störungen und emotionale Beeinträchtigungen der Mutter oder des Babys können sich nachhaltig auf das weitere Leben eines Babys auswirken. So können Kummer, Trennung vom Partner, Todesfälle im Umfeld, Existenzsorgen, Zukunftsängste etc. die Mutter aus dem seelischen Gleichgewicht bringen. Aber auch von anderer Seite lauern ungünstige Einflüsse, die das Baby in seiner freien Entfaltung gefährden. So konnte schon Prof. Tomatis beobachten, dass Babys, die während der Schwangerschaft Medikamenten ausgesetzt waren oder vermehrt mittels Ultraschall untersucht worden waren, nach der Geburt eine ungünstig veränderte räumliche Wahrnehmung besaßen. Hier entscheidet ein Fetus bereits für sich „Will ich hören? Kann ich vertrauen? Fühle ich mich geborgen? Muss ich mich schützen und ziehe ich mich besser zurück?

Im Jahr 1953 formulierte Prof. Tomatis die Gesetzmäßigkeiten, die noch heute die zuverlässige Grundlagen der Audio-Psycho-Phonologie bilden: Unser Ohr ist das Tor zum Körper und das Tor zur Welt. Unser Ohr ist ein Kraftwerk, das beim Hören durch bestimmte Frequenzen unser Gehirn mit Energie auflädt und uns Kraft verleiht.

In seinem Behandlungszentrum in Paris behandelte Prof. Tomatis viele Kinder und Erwachsene, darunter auch viele Prominente wie Maria Callas, Gerard Depardieu und Romy Schneider. Depardieu war seit seiner Kindheit Stotterer und wollte trotz seines Sprachfehlers Schauspieler werden. In seiner Biographie berichtet er u.a. von seiner erfolgreichen Therapie bei Prof. Tomatis. Weltweit arbeiten heute über 200 Therapeuten nach den Gesetzten der Audio-Psycho-Phonologie (APP). Seit dem Jahr 2005 wenden wir in unserer Praxis diese Therapie mit gutem Erfolg an.

— Niemand ist so taub, wie der, der sich weigert zu hören. —
(engl. Redensart)

Was ist der Unterschied zwischen Hören und Horchen?

Das Gehör ist eines der wenigen Sinnesorgane, das uns ununterbrochen mit Informationen versorgt. Wir hören rund um die Uhr 24 Stunden lang, vom Anfang des Lebens bis zum Ende, permanent und dennoch nehmen wir nicht alles Gehörte bewusst wahr. Prof. Tomatis unterschied zwischen dem belanglosen Hören im Gegensatz zum gezielten Horchen, als einem Zustand der konzentrierten Aufmerksamkeit, Wachheit und aktiver Präsenz. Horchen bedeutet nicht nur aufmerksames Zuhören und Verstehen, es beeinflusst auch die Körperwahrnehmung, Körperkontrolle, das seelische Gleichgewicht und die Bewegungsmotorik des Menschen.

Die Art, wie wir hören, hat grundlegenden Einfluss auf fast alle Aspekte unseres Daseins bis hin zur Beeinflussung der Körperhaltung, –bewegung und Koordination komplexer Bewegungsabläufe. Perfektes Zuhören versetzt uns in Spannung (wie ein gespannter Resonanzboden eines Instruments) – es ist „spannend“. Ist das Horchen gestört, kann es zu Fehlentwicklungen im Gehirn kommen mit weitreichenden Folgen für die Verarbeitung von Denken, Fühlen, Sprache und Bewegung. Hörwahrnehmungsprobleme sind häufig Ursache vieler Lern- und Verhaltensstörungen und zeigen sich häufig schon im sehr frühen Kindesalter.

Aber nicht alles was an unser Ohr dringt, sollten wir auch wahrnehmen. Intuitiv muss der Mensch in Sekundenbruchteilen entscheiden, ob er Wichtiges wahrnehmen will oder ob er bei Unwichtigem auf „Durchzug“ stellt. Ständig erreichen unsere Ohren störende (Umwelt-) Geräusche und unwichtige Informationen, die uns belästigen, stören oder ablenken. Wer sich dagegen nicht selektiv verschließen kann, droht an Überreizung oder an einem so genannten „burn-out-Syndrom“ zu erkranken.

Und noch ein Phänomen des Horchens ist wichtig: Das Richtungshören. Kein anderes Sinnesorgan kann intuitiv sich auf eine bestimmte Richtung eines ankommenden Reizes so präzise einstellen wie das Ohr. Der Mensch ist in der Lage auf 1 Winkelgrad genau eine Richtung zu bestimmen, aus der ein akustischer Reiz kommt. Diese Eigenschaft ist von enormer Bedeutung, da mit dieser Fähigkeit räumliches Hören und räumliches Denken erst möglich wird. Auf einer Party kann man z. B. trotz lauter Hintergrundgeräusche und vielen Gesprächen einem einzelnen Gespräch gezielt zuhören. Ein von hinten ankommendes Auto kann man räumlich sehr frühzeitig wahrnehmen und akustisch orten und sich so vor einer möglichen Gefahr schützen, damit sind die Ohren bedeutend schneller und räumlich umfassender als die Augen das mit ihrem beschränkten Richtungssehen vermögen.

— Es hört doch jeder nur, was er versteht. —
(Johann Wolfgang v. Goethe, Dichter, 1749–1832)

Was hat Hören / Horchen mit Sehen und Schmecken zu tun?

Unmittelbar nach der Geburt schielen viele Neugeborene noch und viele Eltern machen sich Sorgen um die Sehfähigkeit ihres Sprösslings. Aber in den ersten Lebenstagen lernt das Neugeborene beide Augen zu einem räumlichen Sehen zu nutzen. Das geschieht über den Weg des Hörens indem es versucht, die Quelle der akustischen Reize, die es räumlich schon richtig orten kann, mit beiden Augen zu erfassen. Innerhalb weniger Lebenstage wird aus einem wilden Schielen so eine koordinierte Augenbewegung und führt zu einem räumlichen Sehen. Verfestigt sich das Schielen bei Kindern, so findet sich häufig als Ursache ein räumliches Hör-/ Horchproblem, das diagnostisch und therapeutisch verfolgt werden sollte.

Seit der Frühzeit der Weltraumfahrt ist bekannt, dass sich der Geschmack der Astronauten / Kosmonauten in der Schwerelosigkeit verändert: Die Geschmackswahrnehmung nimmt stark ab. Die Speisen, die in der Schwerelosigkeit genossen werden sollen, müssen daher viel intensiver gewürzt werden um noch zu schmecken. Das verwundert nicht, da der Gleichgewichtssinn und das Gehör mit dem vegetativen Nervensystem insbesondere mit dem Nervus vagus eng verschaltet sind. Dieser Nerv steuert u. a. den gesamten Verdauungsvorgang. Jeder hat schon einmal das Phänomen erlebt, dass starke Störungen des Gleichgewichtssinnes (Achterbahnfahrt, Karussell) zu Übelkeit und Erbrechen führen können; das beruht auf einer Irritation und Dissoziation von Gleichgewichtsinn und Seheindruck. Das Gesehene „passt“ nicht mehr zu der Wahrnehmung von Lage im Raum und Bewegung.

In einer britischen Studie um den Psychologen Andy Woods von der Universität Manchester und dem Lebensmittelkonzern Unilever vom Oktober 2010 sollte der Zusammenhang zwischen Hören und Schmecken untersucht werden. Versuchspersonen bekamen unter anderem Kekse, Cracker, Kartoffelchips zu essen. Über Kopfhörer wurden sie mit verschiedenen Geräuschpegeln beschallt. Die Geschmackseindrücke für „salzig“ und „süß“ wurden laut der Studie durch die Beschallung deutlich gedämpft. Je lauter der Lautstärkepegel gestellt war, um so „knuspriger“ erschienen den Probanden die Nahrungsmittel. Je unangenehmer die Geräusche waren, desto schlechter schmeckte es den Versuchspersonen. Umgekehrt steigerte klassische Musik den geschmacklichen Genuss einer edlen Mahlzeit („Tafelmusik!“).

Es zeigt sich also, wie intensiv der zuerst entwickelte Sinnesreiz, das Hören dominant alle anderen Sinne maßgeblich prägt!

— Die Musik ist die Stenographie des Gefühls. —
(Leo Nikolajewitsch Tolstoi, Schriftsteller, 1828–1910)

Wie wirkt eine Therapie nach Prof. Tomatis?

Die Therapie nach Prof. Tomatis zielt mittels einer ausgefeilten Technik darauf ab, die Wahrnehmung des Menschen optimal einzustellen, akustisch den idealen Weg zu wählen und den Menschen für eine schöne Welt zu öffnen. Bei der Therapie nach Prof. Tomatis wird das ideale Hören, das Horchen akustisch simuliert und damit gezielt stimuliert. Bei Kindern mit komplexen Störungsbildern führen wir sie im Verlauf der Therapie an den Beginn ihrer Hör- und Wahrnehmungserfahrung zurück. Das ist die Phase der Schwangerschaft, in der die Kinder im Bauch der Mutter auf deren Stimme geprägt wurden. Während der Schwangerschaft ist der Fetus von Fruchtwasser umgeben und hört auch alles nur durch (Frucht-) Wasser gefiltert. Die Mutterstimme kann man als eine „seelischen Nabelschnur“ zur Welt verstehen; über sie entfaltet sich die erste seelische Bindung des Kindes und das Urvertrauen zur Mutter.

Da in der Therapiephase die akustischen Reize ähnlich klingen müssen, wenden wir hierzu hoch empfindliche elektronische Filter an, mit denen wir das Hör- und Wahrnehmungserlebnis der Wahrnehmung in der frühkindlichen Lebensphase anpassen. Während der Therapie wird somit eine ganz individuelle frühe Erinnerungsspur angeregt mit der Folge, dass ein Heilungs-, Nachreifungs- und Integrationsprozess ausgelöst wird und der Start ins Leben unter optimierten Bedingungen nachreifen kann und die Erinnerungsspur optimiert werden kann.

Es verwundert nicht, dass der Fetus nicht nur die Mutterstimme wahrnimmt, sondern er lernt gleichzeitig die „Muttersprache“ kennen, den Klang, den „Sing-Sang“ der Sprache, den Sprachrhythmus und den Klangraum, den die zukünftige Sprache bedient. Die vielen Sprachen auf der Erde klingen alle recht unterschiedlich und bereits in dieser frühen Lebensphase lernen wir uns akustisch auf das jeweilige Frequenzband einzustellen, d. h. wir fokussieren uns und damit engen wir unsere Wahrnehmung wie von selbst auf den Klangraum der jeweiligen Sprache ein. So wie die Sprache eine ethnische Besonderheit darstellt, so wird klar, dass es auch ethnisch geprägte Ohren gibt. Jeder, der schon einmal versucht hat, eine Fremdsprache zu lernen, hat manchmal schmerzlich erfahren müssen, wie schwer es ist, die Feinheiten einer Aussprache herauszuhören und akzentfrei zu sprechen. Die Wahrnehmung muss sich dazu erst wieder öffnen für andere Sprachklänge.

— Das Auge führt den Menschen in die Welt
das Ohr führt die Welt in den Menschen. —
(Sokrates, Philosoph, 469-399 v. Chr.)

Warum findet die Behandlung über die Ohren statt?

Das Ohr ist entwicklungsgeschichtlich eines der ältesten Sinnesorgane und auch das erste voll funktionstüchtige Sinnesorgan beim Menschen. Ursprünglich waren Gleichgewichts- und Hörsinn in einem Organ miteinander verschmolzen. Bei den Fischen ist die Funktion des Hörens und des Gleichgewichts im Seitenlinienorgan noch vereint. Über dieses Organ hören die Fische, erspüren kleinste Bewegungen im Wasser, koordinieren ihre Körperlage im Wasser und nehmen Bewegungen des Fischschwarmes wahr, in dem sie mitschwimmen. Mit einem gesunden Seitenlinienorgan kann sich ein Fisch problemlos im Schwarm bewegen, wird zum Bestandteil es Schwarmes, wird auf diesem Weg geschützt und schützt durch seine geordnete Teilnahme am Schwarm die anderen Fische.

Gehör- und Gleichgewichtsorgan sind die einzigen Sinnesorgane, die uns ab der eigenen Schwangerschaft bis zu unserem Tod ununterbrochen (auch im Schlaf) permanent mit Information versorgen. Kein anderes Sinnesorgan schützt uns selbst im Schlaf so gut vor Gefahren, wie das Ohr und ist zugleich so eng mit dem vegetativen Nervensystem (Gefühl) verbunden. Sehen und räumliches Sehen wird erst in Abhängigkeit vom räumlichen Hören in den ersten Lebenstagen erlernt (Neugeborene schielen zunächst noch). Das Gehör bzw. das Gleichgewichtsorgan geben uns eine Rückmeldung für Bewegung und Bewegungskontrolle, Koordination von Bewegung, Rhythmus, Körpergefühl. Das Ohr ist das Kontrollorgan für unsere Stimme. Unsere Stimme ist nur so perfekt und gesund, wie unser Ohr uns das vermittelt. Das Ohr ist maßgeblich auch an einem harmonischen seelischen Gleichgewicht beteiligt. Das körperliche Gleichgewicht und damit die Kontrolle über Bewegung, unsere Lage im Raum, unseren Bewegungsrhythmus vermittelt uns ein perfekt fein justiertes Gleichgewichtsorgan.

— Musik und Rhythmus finden ihren Weg zu den geheimsten Plätzen der Seele. —
(Platon, Philosoph, 427- 348/347 v. Chr.)

Welche Bedeutung hat die Mutterstimme bei Therapie nach Prof. Tomatis?

Die Stimme unserer Mutter wird während der Schwangerschaft wie eine prägende tiefe Spur in unserem Unterbewusstsein tief eingraviert und damit unauslöschlich zu einer basalen individuellen Lebenserfahrung. Sie lädt uns erstmalig zum Kontakt mit unserer Mutter ein und wird damit zum Modell für die Kommunikation. Von der Art und Weise dieser Erfahrung ausgehend bauen wir alle zukünftigen Kontakte mit anderen Menschen in unserer Umwelt auf – mehr oder weniger gut, jeder nach der Art seiner Prägung. Auf eine emotionale Idealgravur können wir ein Leben lang zurückgreifen, die Gewissheit dieser Möglichkeit hinterlässt in uns das Gefühl einer stabilen Selbstsicherheit. Ist die Spur aber nur schwach ausgebildet oder „verkratzt“, kann im Rahmen einer Therapie nach Prof. Tomatis mit Hilfe der eigenen Mutterstimme der Idealzustand nachbearbeitet werden. Optimal ist in der Therapiephase die Anwesenheit und körperliche Nähe der Mutter. Steht die Stimme der Mutter zu therapeutischen Zwecken nicht mehr zur Verfügung, bedienen wir uns anderer Hilfsmittel.

Bei Adoptivkindern kann man häufig unlösbare Konflikte zwischen den Kindern und der neuen Familie beobachten, da die Stimme der „Mutter“ während der Schwangerschaft eine andere war, als nach der Geburt. Mit Hilfe der Therapie nach Prof. Tomatis können wir eine Prägung auf die neue Adoptivmutter vornehmen und so eine Normalisierung eines sonst eher angespannten Verhältnisses zwischen Adoptivmutter und Kind herbeiführen.

So muss auch Rücksicht darauf genommen werden, welche Sprache die Mutter während der Schwangerschaft gesprochen hat. Hat sie etwa während der Zeit im Ausland gelebt und die Fremdsprache gesprochen, hat sie mehrere Fremdsprachen gesprochen oder ausschließlich die eigene Muttersprache? Diese Umstände müssen in der Therapiephase mit berücksichtigt werden.

— Denn siehe, als der Klang Deines Grußes an mein Ohr kam,
hüpfte das Kind vor Freude in meinem Bauch. —
(Bibel, Lukas 1,44)

Wie läuft eine Therapie nach Prof. Tomatis ab?

Nach einem ausführlichen Eingangsgespräch (Anamnese) und ggf. diverser Untersuchungen wird ein Horchtest nach Tomatis durchgeführt. Anschließend folgt eine ausführliche Besprechung der Ergebnisse mit dem Erwachsenen bzw. mit den Eltern und den betroffenen Kindern. In Abhängigkeit von den Untersuchungsergebnissen entwerfen wir für jede(n) ein individuelles Therapiekonzept. Eine Therapie nach Prof. Tomatis sollte optimal mindestens 2 x wöchentlich erfolgen, wobei eine Therapiesitzung aus 4 verschiedenen Einheiten á 30 Minuten = 2 Zeitstunden besteht. Wir führen die Therapie dann über mehrere Wochen im Turnus 2 x wöchentlich 2 Zeitstunden durch. Eine tägliche Therapie über 2 Wochen hat sich in der Mehrzahl als weniger günstig herausgestellt.

Zur Einstimmung hört man zu Beginn Musik von Wolfgang Amadeus Mozart aber auch andere Klänge wie beruhigende gregorianische Choräle. Mit Hilfe einer aufwendigen elektronischen Filtertechnik wird diese Musik bearbeitet und in Abhängigkeit von den Untersuchungsergebnissen auf den Einzelnen abgestimmt. Prof. Tomatis nannte das Therapiegerät deshalb auch „Elektronisches Ohr“. Bei Kindern und jungen Erwachsenen verwenden wir bei der Behandlung auch gerne die Stimme der eigenen Mutter. Die Stimme wird aufgenommen und mit Hilfe der oben genannten Technik so aufbereitet (Hochfiltertechnik), dass eine Erinnerung an frühe Reifungsphasen während der Schwangerschaft ausgelöst und ein Nachreifungsprozess (Regressionsprozess) angeregt wird. Die Dauer der Gesamtbehandlung entscheidet sich nach der Komplexität der Störung, Alter, Fortschritt, Geschwindigkeit der Veränderung und wird mit den Patienten abgestimmt. Beendet wird die Hochfilterphase mit der so genannten „Akustischen Geburt“, d. h. langsam werden wieder die mittleren und tieferen Frequenzen, also das gesamte Klangspektrum wieder präsentiert. An die „Akustische Geburt“ schließt sich ggf. eine vorsprachliche und sprachliche Therapiephase an zur Integration in die aktuelle Lebensphase.

Die individuell unterschiedlichen Hörphasen werden von spezifischen Tests und Gesprächen begleitet, um den Verlauf der Therapie bis zum Ende erfassen zu können.

— Nicht-sehen trennt den Menschen von den Dingen
Nicht-hören trennt den Menschen vom Menschen. —
(Immanuel Kant , Philosoph, 1742–1804)

Was ist das Besondere der Hochfilterphase?

In der Hochfilterphase wird Musik oder Mutterstimme so gefiltert akustisch präsentiert, dass ein Höreindruck gefühlsmäßig die Lebensempfindungen während unserer Schwangerschaft anspricht. Auch wenn wir uns nicht bewusst an diesen intensiv prägenden Zeitraum erinnern können, regt die Therapiephase intuitiv eine Erinnerung an Erfahrungen unseres ganz frühen Lebens an, die mit einem tiefen Urgefühl verbunden sind. Dieses Urgefühl tragen wir tief in uns und dieses Urgefühl ist das entscheidende Etwas, dass den Weg mehr oder weniger ebnet für den Grad von Konzentrationsvermögen, Lernmotivation, Ausprägung von Intelligenz und sozialer Kompetenz etc.

Mit kaum einem anderen Diagnostik- und Therapieverfahren kann man so komplexe tiefgreifende Störungen aus einem so frühen Lebensabschnitt diagnostizieren und zugleich milde und nachhaltig beseitigen.

Auch im späteren Kindheits- oder Erwachsenenalter spielen hohe und tiefe Frequenzen in unserem Leben eine wichtige Rolle. Tiefe Töne wirken beruhigend und einschläfernd, hohen Frequenzen regen an und schärfen die Aufmerksamkeit.

— Gib mir Gehör und ich werde dir Stimme geben. —
(Khalil Gibran, Philosoph, 1883–1931)

Was macht man, wenn die Mutterstimme nicht mehr verfügbar ist?

Es gibt auch Umstände, in denen die Stimme der Mutter altersbedingt über kein so umfangreiches Frequenzspektrum und Klangvolumen mehr verfügt, als dass man sie therapeutisch gut verwenden kann oder aber die Mutter lebt nicht mehr. In den Fällen wird die Therapie fast ausschließlich mit Musik durchgeführt. Der Therapieerfolg stellt sich darunter zwar nicht so schnell ein, wie unter der Therapie mit der Mutterstimme aber ein ähnlicher Erfolg ist auf diesem Weg annähernd erreichbar.

— Ich sehe die Welt mit den Ohren. —
(Ray Charles, Sänger, 1930–2004)

Ist der Therapieerfolg von Dauer?

Therapieerfolg ist Folge eines Lernvorgangs, einer ursprünglich ungünstig veränderten, eingeschränkten teilweise oder auch recht chaotischen Wahrnehmung z. B. bei einer Rechts-Links-Lateralitätsstörung. Mit Hilfe der Therapie nach Prof. Tomatis versuchen wir wieder Ordnung in das Hören, in die Wahrnehmung, in die Struktur des Menschen zurückzubringen. Da der Lernvorgang nicht nur während der Therapiephase erfolgt, sondern das neu Gelernte im täglichen Leben zunehmend angewandt und genutzt wird, stellt sich für den Einzelnen auch ein wahrnehmbarer Erfolg ein. Dann stellt sich das Phänomen eines jeden Lernens ein, nämlich dass die Wechselwirkung (Lernen → Erfolg → Lernmotivation) zu einer Art Selbstläufer wird, der immer weniger unserer therapeutischen Unterstützung bedarf. Lernen am Erfolg führt zu einer nachhaltigen und dauerhaften Nachreifung...

— Am Anfang war das Wort. —
(Bibel, Johannes 1,1)

Sind Nebenwirkungen von der Therapie nach Prof. Tomatis bekannt?

Es sind keine negativen unerwünschten Nebenwirkungen bekannt. In Einzelfällen haben Kinder auf eine Intensivbehandlung kurzzeitig lediglich mit Fieber reagiert. Das ist eine Erfahrung, die wir aus anderen Therapieeinrichtungen kennen. In der Art und Weise wie wir in unserer Einrichtung die Therapie anwenden, haben wir diese Beobachtung nicht bestätigen können.

Es gibt Lebensumstände und Krankheiten, auf die gesondert therapeutisch reagiert werden muss, daher wenden wir keine Standardtherapieschemata z. B. sogenannte Therapieblöcke an, sondern passen jede Therapie den individuellen Bedürfnissen und Erfordernissen an. Gegebenenfalls begleiten wir den therapeutischen Prozess mittels Homöopathie.

— Sehen trennt, hören verbindet. —
(Immanuel Kant , Philosoph, 1742–1804)

Kann man die Therapie nach Prof. Tomatis auch zu Hause anwenden?

Um nachhaltige Behandlungserfolge zu erzielen, so wie wir sie bei Jedem anstreben, muss die Therapie auf technisch sehr hohem Niveau mit professioneller Technik durchgeführt werden. Die Gerätschaften haben Tonstudioqualität, mit handelsüblichen Audiogeräten oder vorgefertigten handelsüblichen CDs lässt sich kein nennenswerter therapeutischer Erfolg erzielen. Darüber hinaus muss jede einzelne Höreinheit zur Optimierung der Therapie individuell verändert werden.

Wir empfehlen aber, die Musikstücke, die aus der Therapie bekannt sind, durchaus auch zu Hause zu hören, um sich an die positiven Erfahrungen während der Therapie zu erinnern und damit die Therapie nachklingen zu lassen.

— Die Musik löst alle Rätsel des Daseins. —
(Leo N. Tolstoi, Schriftsteller, 1828–1910)

Wird die Behandlung von Krankenkassen oder Krankenversicherungen bezahlt?

Grundsätzlich wird die Therapie nach Prof. Tomatis von gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen nicht bezahlt. Nur in Einzel- oder Ausnahmefällen übernehmen einige Krankenversicherungen die Behandlungskosten, hier bedarf es im Einzelfall einer persönlichen Kontaktaufnahme mit dem jeweiligen Sachbearbeiter. Aber dieses Stadium haben früher die Akupunktur und die Homöopathie auch erleben müssen. Heute werden diese Verfahren schon von einigen gesetzlichen Kassen und allen privaten Versicherungen übernommen.

— Die Musik spricht für sich allein, vorausgesetzt, wir geben ihr eine Chance. —
(Yehudi Menuhin, Violinist, Dirigent, 1916–1999)